“Auf dem Weg” mit Martin Brucker

Martin Brucker

„Auf dem Weg!“ – Klingt harmlos, ist aber eine extreme Story. Martin Brucker machte sich 2010 mit seiner BMW G 650 Xchallenge auf den Weg, um seine Cousine in Australien zu besuchen. Der Ausflug dauerte insgesamt sechseinhalb Jahre und war am Ende 255.067 km lang. Martin fuhr einmal um den Globus und durch ca. 70 Länder. Sein Motto: „Home is behind and the whole world in front.“

Ich habe ihm die folgenden Fragen zu seinem Ausflug gestellt. Lasst Euch von seinen Antworten überraschen, inspirieren, motivieren, unterhalten …

Hi Martin. Was fühlt sich für Dich bei einer Tour besser an: Das Abfahren oder das Ankommen?

Das Abfahren, im Nachhinein betrachtet.

Warum?

Schon den Abfahrermin festzulegen und das Abfahren selbst war für mich ein Riesenschritt ins Ungewisse. Mit der Zeit wird die Tour zu deinem täglichen Leben und das am Anfang Ungewisse wird alltäglich vertraut. Je näher ich dem Ende der Tour kam – ich war 6 ½ Jahren ununterbrochen unterwegs – wurde das Leben in Deutschland die große Unbekannte für mich. Obwohl ich das Zurückkommen ja schon etwas kennenlernen durfte in meinen 9 Jahren als Entwicklungshelfer in Äthiopien. Aber da habe ich an einer Gewerbeschule unterrichtet und es war mein Job, hatte ein Haus und war für je drei Jahre am gleichen Ort. Die Tour war mein Leben und nach meiner Rückkehr hieß es dieses Leben wieder aufzugeben. Das nach Hause kommen war für mich die große Unbekannte, die es zu bewältigen gab.

Alles sprechen von Kosten, aber was war für Dich und Dein Leben die Tour wirklich wert?

Da würde ich gerne das Klischee „unbezahlbar“ bemühen. Was man alles über sich selbst auf so einer Tour lernt, beziehungsweise auch erstmal aufgezeigt bekommt; mit wie wenig der Mensch zufrieden sein kann und auch auskommen muss, das ist etwas, das man in seinem alten Leben nicht wirklich mit auf den Weg bekommt. „Dinge die das Leben einfacher machen“ – dieser Spruch der Werbung hat für mich jetzt eine ganz andere Bedeutung! Ich hör mich jetzt immer öfter zu mir selbst sagen, das braucht kein Mensch!

Bushcamping, Campground, Privat, Hotel? Was bevorzugst Du?

Bushcamping in der Nähe von Wasser (Strand, See, Fluss, Bach). Da ich viele Nebenwege gefahren bin, gab es oft auch keine andere Möglichkeit als Bushcamping. Unter anderem auch weil die Etappen zwischen den Orten oft zu weit auseinanderlagen – z.B. im Outback Australiens, in der Atacama Wüste und der Salta Region im Norden Argentiniens, in der Wüste Syriens …

Abends im Busch, am Lagerfeuer und den Sternenhimmel über dir – da gibt es nicht viel was so eine Szenerie toppen kann ????

Die längste Tagestour am Stück?)

720 km war mein Rekord an einem Tag und zugleich meine längste Tagestour. Habe ich danach nie wieder gemacht!

Im Gegenzug war meine kürzeste Tagestour mit ca. 32 km erledigt. Morgens losgefahren, nach etwa einer halben Stunde zum Fotografieren angehalten und gleich von Einheimischen eingeladen worden mit ihnen ein wenig Zeit zu verbringen, was ich auch dankend angenommen habe.

Wieviel Unterwäsche hattest bei der Tour dabei?

Drei Unterhosen kurz und ab Alaska dann auch eine in lang. T-Shirt war zugleich auch Unterhemd. Wenn ich mein Zelt in der Nähe von Wasser (Fluß, See) aufgestellt für die Nacht hatte, habe ich oft noch Klamotten gewaschen und bis zum nächsten Morgen waren sie dann auch wieder trocken.

Schon mal auf einer Tour Todesangst gehabt?

Todesangst würde ich nicht sagen. Respekt würde es eher treffen, Respekt vor der Natur und deren Bewohner. Ich hatte unwahrscheinliches Glück mit Tierbegegnungen von denen ich ein paar glücklicherweise bildlich festhalten konnte.

Auch hatte ich nie extrem schlechte Erfahrungen mit Leuten und Einheimischen unterwegs – ich denke da war meine Zeit in Äthiopien eine sehr gute Vorbereitung. Nichts persönlich nehmen, es gibt immer einen Grund warum der Gegenüber genauso reagiert wie er reagiert und das hat meist nichts mit dir zu tun in dem Moment.

Bist Du unterwegs bewaffnet?

Von meinem Taschenmesser mal abgesehen, nein. Dies kann an einigen internationalen Grenzübergängen zu sehr ernsten Problemen führen. Und von meinen Erfahrungen aus Äthiopien als Entwicklungshelfer würde ich auch jedem davon abraten bewaffnet unterwegs zu sein. Gewalt erzeugt auch immer Gegengewalt – dies sollte jeder Reisende, der ja zugleich Gast im jeweiligen Land ist, beherzigen.

Was sagst Du einem Motorradfahrer, der noch nicht sicher ist, ob er auf große Tour gehen soll?

Wenn man die Möglichkeit und Mittel hat – fahr los!!! Wenn man sich aber noch nicht sicher ist, empfehle ich erstmal eine kurze Auszeit und eine „Proberunde“. Einige kommen mit der täglichen Unsicherheit nicht so wirklich zurecht: Wo bekomme ich was zu essen? Wo übernachte ich heute Abend? Wie repariere ich alleine auf mich gestellt einen platten Reifen im sogenannten Nirgendwo? Wie verhalte ich mich wenn mein Motorrad nicht anspringt? Wie gestalte ich die tägliche Hygiene, wenn Wasser nur zum Trinken verwendet werden soll? Wie gut bin ich drauf, wenn ich mein Zelt im Regen aufstellen und auch wieder feucht abschlagen muss?

All diese Fragen lassen sich auf einer kleinen „Proberunde“ zum Teil abarbeiten. Wenn man dann immer noch loswill – fahr zu und plane nicht soviel im Voraus. Denn es kommt oft anders als man denkt. Nimm dir unbedingt Zeit die Begegnungen mit den Einheimischen. Versuch auch mal abseits der Touristenpfade dein Glück.

Was machst Du bei Deiner nächsten Tour anders, besser?

Da fällt mir jetzt auf die Schnelle nicht wirklich was ein.

Sonst noch was, was Du loswerden willst?

Wenn man die Möglichkeit hat sich eine Auszeit zu gönnen und diese auch noch mit einer Reise verbindet, einfach machen, egal wie man reist. Man lernt die Nachrichten. die einem täglich von den Medien um die Ohren gehauen werden, richtig einzuschätzen. Das hat für mich oft auch was mit Gehirnwäsche zu tun. Im Alltag hast du kaum eine Chance dich den Nachrichten zu entziehen. Das Weltbild wird auf so einer Reise wieder zurechtgerückt!!!

Da wo mir Leute davon abgeraten haben durchzufahren oder hinzugehen, war es für mich immer am angenehmsten. Als Beispiel vielleicht auch eine Aussage zweier Frauen die ich in Montenegro getroffen habe bevor ich die Grenze nach Albanien überquerte. Albanien war damals für mich eine große Unbekannte und fast jeder unterwegs hat mir zur Vorsicht geraten. Darauf angesprochen meinten die beiden Frauen nur; „Wir mögen die Albaner nicht und sie mögen uns nicht. Aber du bist Deutscher, du wirst kein Problem haben in Albanien.“ So erging es mir sehr oft auf meiner Reise.

Wenn man die Möglichkeit hat sich eine Auszeit zu nehmen, sollte man den Mut haben diese auch zu nehmen. Es bringt einen unheimlich weiter in seinem Leben – die gemachten Erfahrungen nimmt dir keiner mehr. Ich habe unterwegs gelernt von den schlechten Erfahrungen das positive herauszufiltern und genau da anzusetzen bzw. weiterzumachen.

Wenn man sich über etwas zu viele Gedanken macht oder gar über etwas zu sehr aufregt, ist der Tag versaut oder das Wochenende oder gleich die ganze Woche. Nicht nur das, auch das Umfeld ist dementsprechend dann meist nicht gut gelaunt. Sein lassen, aufstehen, Dreck abwischen und weiter geht’s mit einem Lächeln!

Vielen Dank.

Hier geht es zu der Website von Martin: “Auf dem Weg”

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